Neue Dimension der Kontamination
Betrifft: Artikel „Immer dieselben Fragen“ (EJZ vom 30. April)
Verfasst man einen Faktencheck, sollte man in besonderem Maße darauf achten, nicht von Confirmation-Bias beeinflusst zu sein. Ironischerweise wird dieser Begriff erläutert. Die Ironie besteht darin, dass beim Versuch, einen objektiven Faktenfinder zu erstellen, ein recht eingefärbter Artikel entstanden ist, welcher sich in ähnlicher Form in den FAQ von Webseiten einschlägiger Windkraft-Projektierer finden lässt. Ich möchte exemplarisch auf einen Punkt, die Verstreuung von Nano- und Mikroplastik, eingehen. Die zitierte Studie des Fraunhofer-Instituts bezieht sich auf 2013 bis 2016. Die damaligen Anlagen sind mit circa 150 Meter Höhe um ein Vielfaches kleiner.
Eine Hochrechnung des Abriebs damaliger Anlagen auf heutige und zukünftige schließt sich fachlich und erst recht wissenschaftlich aus. In 300 Meter Höhe ist der Wind gegenüber einer nur 150 Meter hohen Anlage um ein Vielfaches stärker und auch stetiger. Die höhere Aggressivität des Höhenwetters führt zu erheblich höheren betrieblichen Dauerbelastungen der Rotoroberflächen mit entsprechenden Abriebfolgen. Auch ist das Argument mit den Autoreifen in mehrerer Hinsicht irreführend. Zum einen gibt es in Deutschland über 49 Millionen Autos (mit über 196 Millionen Reifen) und viele Millionen Lkw, die man kaum mit 30.000 Windanlagen vergleichen kann. Und seit wann ist eine toxische Kontamination zulässig oder verhältnismäßig, nur weil eine andere Ursache eine noch größere Kontamination verursacht? Mit gleicher Begründung könnte man auf die Idee kommen, noch ein bisschen mehr Atommüll zu produzieren, da wir ohnehin schon so viel davon haben ...
Entscheidend erscheint mir aber etwas anderes. Der Reifenabrieb erfolgt da, wo er vorgesehen ist, in Bodennähe und auf Straßen, von denen er überwiegend über die Kanalisation aufgefangen werden kann. Beim Abrieb der Windrotoren erfolgt in bis zu 300 Metern Höhe eine Zerstreuung in bisher weitgehend wenig bis unberührter Natur, in Wäldern, über Flächen zum Anbau von Lebensmitteln. Damit wird eine ganz neue Dimension flächenhaft und bundesweit unbeschränkter Kontamination zugelassen, deren Folgen für unsere Kinder und die Biodiversität unabsehbar sind.
Michael Mai
Spranz