Vor- und Nachteile abwägen
Betrifft: Proteste und Bürgerinitiativen gegen Windräder im Landkreis (EJZ berichtete mehrfach)
Vor einigen Jahren hat sich (fast) der gesamte Landkreis gegen Kernkraft und Atommüllendlagerung letztlich erfolgreich gewehrt und das war gut so. Der Klimawandel schreitet nahezu ungebremst voran, weltweit ist das 1,5-Grad-Ziel schon erreicht, hierzulande sind es noch mehr. Naturkatastrophen häufen sich. Wenn das so weitergeht, werden wir unseren Kindern und Enkeln keine lebenswerte Natur mehr hinterlassen und es wird zu Hunderten Milliarden Euro Folgekosten kommen. Irgendwann wird der „ point of no return“ erreicht sein. Nun regt sich überall heftiger Widerstand gegen Windkraftanlagen. Klar haben auch diese Nachteile: Geräusche, Optik in unserer schönen Landschaft, Mikroplastik, Vogelschlag, Waldbrandgefahr etc. Aber wiegt das die CO2-Belastung von Kohle- oder Gaskraftwerken oder die Belastung mit radioaktivem Müll tatsächlich auf?
Meines Erachtens wird hier oft nach dem „ Floriansprinzip“ vorgegangen. Jeder verbraucht Strom für Haushalt, E-Auto und Wärmepumpe, aber keiner will die Anlagen in der Nähe haben. Im neuen Raumordnungsplan hat der Landkreis die Flächen nach sehr genauen, für jeden nachvollziehbaren Kriterien ausgewählt (ist im Netz einsehbar). Das Verfahren ist transparent, in öffentlichen Sitzungen der Gemeinderäte konnte sich jeder informieren und nachfragen.
Natürlich geht es den investierenden Großbauern vor allem um den eigenen Profit. Aber ist es besser, wenn große internationale Firmen diesen absahnen? So bleibt wenigstens Gewerbesteuer, Einkommensteuer und Windkraftumlage für die Gemeinden im Landkreis, die ja alle unter erheblichen finanziellen Schwierigkeiten leiden. Letztendlich kommt das Geld somit auch den Bürgern zugute. In der Regel können sich außerdem auch alle Bürger an den Investitionen als Anleger beteiligen. Insgesamt ist daher eine Versachlichung der Diskussion dringend angeraten und eine Abwägung der Vorteile mit den vorhandenen Nachteilen vorzunehmen.
Es sollte nicht jeder nach den (nachvollziehbaren) eigenen Vor- und Nachteilen handeln, sondern es sollten Entscheidungen für das Wohl der ganzen Gesellschaft und insbesondere der zukünftigen Generationen getroffen werden.
Dr. Florian Gottesleben,
Sarenseck