Kommunalpoliker verscherbeln unser Tafelsilber
▶ Betrifft: Ärztemangel auf dem Land und Windkraftpläne im Wendland
In den letzten Jahren wurden wir Ärzte/Ärztinnen mehrfach von Vertreter/innen des Landkreises eingeladen, um gemeinsam zu überlegen, wie wir ganz dringend benötigte ärztliche Kollegen und Kolleginnen von außerhalb hierher locken können. Unser wesentliches Ergebnis ist nicht leicht umzusetzen: Wir müssen Werbung machen für die Schönheit des Landkreises und den Charme des reizarmen Lebens hier mit viel freien Gestaltungsräumen. Soweit ich das verfolgen kann, haben sich die gesetzlichen Vorgaben und die finanziellen Vorteile beim Aufstellen von Windkraftanlagen so geändert, dass in den Kommunen Goldgräberstimmung herrscht.
Der Windpark bei Bösel wurde aufgestockt; demnächst sollen der Wald bei Gamehlen, der Wald bei Küsten, bei Bahrendorf und viele andere ruhige Orte ebenfalls mit Windrädern bestückt werden. Warum ich persönlich 2018 in den Landkreis Lüchow-Dannenberg gezogen bin? Weil ich den Landkreis als Rückzugsort sehe. Als einen der ganz wenigen Orte in Nordwestdeutschland, wo es keine Autobahnanbindung, eine niedrige Bevölkerungsdichte und vor allem noch relativ viel Natur am Stück gibt. Genau deshalb lebe ich hier: Ich ziehe mich in meiner wenigen freien Zeit in die Natur zurück, auch in die oben erwähnten (laut Bebauungsplanbegründung „touristisch nicht relevanten“) Wälder – um meine innere Batterie wieder aufzutanken und wieder Kraft für meinen Job zu finden.
Wenn da demnächst Windräder stehen, dann sind sie über viele Quadratkilometer hin zu sehen, zu hören und zu spüren, beeinträchtigen damit Menschen und Tiere. Mein Leben werden sie jedenfalls erheblich beeinträchtigen. Ich finde es essenziell, dass es in dieser Welt Rückzugsorte ohne Wahrnehmung von Menschen und Technik gibt. Den Landkreis Lüchow-Dannenberg halte ich in dieser Hinsicht für eine Kostbarkeit. Wenn die geplanten Bauvorhaben umgesetzt werden, dann ist das vorbei. Kommunalpolitiker/innen, die dies mit ihren Entscheidungen bezüglich der aktuellen Windkraftanlagenbauvorhaben zulassen, verscherbeln damit ihr und unser aller Tafelsilber!
Ich wäre 2018 nicht in den Landkreis Lüchow-Dannenberg gezogen, wenn damals schon die Windräder gestanden hätten, deren Bau die Kommunalpolitiker jetzt gerade planen. Dann hätte ich auch in Dithmarschen bleiben können. Und: Mich brauchen sie nicht. Aber sie brauchen ganz definitiv solche wie mich, damit der Landkreis weiter versorgt ist. Warum sollten neue Fachkräfte oder Ärzte/Ärztinnen hierher ziehen, wenn nicht wegen der Natur hier? Haltet inne, stoppt die Bauvorhaben.
Ja, ich weiß – wir brauchen ökologisch erzeugten Strom. Aber nicht um jeden Preis. Und nicht mehr, als Strom hier im Landkreis verbraucht wird.
DDr. Ulrike Anders, Hausärztin,
Lüchow