Leserbrief der

vom 19.07.2025

Moralisch bedenklich

▶ Betrifft: Artikel „Beschwerde abgewiesen“ (EJZ vom 12. Juli)

Die Kommunalaufsicht hat die Aufgabe, die Rechtmäßigkeit der Verwaltung der Kommunen sicherzustellen, und dient dem Schutz des öffentlichen Interesses. Sie übt eine Selbstkontrolle der Behörde aus, und Bürger können sich bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit von Entscheidungen oder im Umgang mit ihren Belangen an diese Behörde wenden. Dies ist ein wichtiges demokratisches Mittel, um Unstimmigkeiten zwischen Bürgern und Kommunen zu klären.

Deshalb finde ich die Wortwahl für diesen Vorgang sehr befremdlich: „Akteure schrecken nicht vor ungewöhnlichen Methoden zurück, um den politischen Gegner zu diskreditieren.“ Bürger sollten eben nicht davor zurückschrecken, bei Bedenken auch die Aufsichtsbehörde einzuschalten. Damit diskreditiert man auch keinen politischen Verantwortlichen, sondern bittet um Klärung.

Des Weiteren kann das Ergebnis dieser behördlichen Selbstkontrolle keine rechtssichere Verbindlichkeit für sich in Anspruch nehmen. Das müssten dann Gerichte klären. Die Kommunalaufsicht stellte nach ihren Angaben wohl fest, dass der Beschluss des Gemeinderates, eine Änderung des Flächennutzungsplanes zu beantragen, keine unmittelbaren Folgen zum Vorteil der Ratsleute hätte. Juristisch kann ich das nicht bewerten, jedoch halte ich das moralisch für sehr bedenklich. Aus den Informationsveranstaltungen ist mir bekannt, dass bereits seit 2018 die Projektierungsfirma Juwi Landbesitzer umgarnt, zu denen wohl auch Ratsherren der Gemeinde Zernien gehören (siehe auch EJZ vom 3. April 2025). In dem Antrag zur Änderung des Flächennutzungsplanes vom 4. Dezember 2024, Windenergievorranggebiete in dem Landschaftsschutzgebiet Elbhöhen-Drawehn auszuweisen, ist vermerkt, dass die Landbesitzer sich schon für Juwi entschieden. Diese Ratsherren entschieden sich demnach also bereits im Vorfeld der Antragsstellung für ein Geschäftsmodell mit Juwi, von dem sie erheblich finanziell profitieren würden. Danach stellten sie am 4. Dezember den Antrag, dass ihre Flächen für Windenergievorranggebiete ausgewiesen werden sollen. Alleine schon die Möglichkeit der Nutzungsänderung für Windenergie würde ihre Flächen erheblich aufwerten. Dass diese Vorgehensweise nicht nur moralisches Bedenken, sondern auch juristisches Bedenken aufkommen lässt, ist wohl irgendwie nachvollziehbar.

Diese Bedenken hätte der Gemeinderat sehr einfach widerlegen können, indem er in der Ratssitzung am 2. April den Antrag ruhen gelassen und erst einmal eine Bürgerbefragung durchgeführt hätte, um zu klären, ob es überhaupt eine Zustimmung unter den Einwohnern von Zernien für diese Pläne gibt.
 

Karola Jakob
Zernien
 

Bearbeitet am: 19.07.2025/ad

Bezugsquelle der EJZ

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