Leserbrief der

vom 19.04.2025

Windkraft spaltet Gesellschaft

▶ Betrifft: Windkraft in Lüchow-Dannenberg

In unserem Landkreis sollen viele große Windparks entstehen. 285 Meter hohe Windräder in nur 900 Meter Abstand zu den Siedlungen, viele davon im Wald. Die Meinungen darüber gehen weit auseinander.
Dabei stehen sich im Groben zwei Gruppen gegenüber: Einmal ist da die alteingesessene Gesellschaft. Sie besteht aus den Landwirten, Arbeitnehmern, Unternehmern und Familien, die zum Teil seit vielen Generationen unter hohem unternehmerischen Risiko ihr Land und ihre Wälder bewirtschaften. Diese Gesellschaft ist gut vernetzt, über Verbände, Sport- und Schützenvereine und die freiwillige Feuerwehr, und prägt nicht selten politische Entscheidungen in der Region.

In Lüchow-Dannenberg steht dieser Gesellschaft eine relativ große Anzahl von Zugezogenen gegenüber. Das sind nicht nur die Aktivisten, die zu Zeiten der Castortransporte hier gelandet sind. Auch heute ziehen jedes Jahr junge Familien hierher, um der Hektik der Stadt zu entfliehen und naturnah zu leben. Auch Handwerker, Akademiker, Rentner, Künstler und Freiberufler zieht es in den Landkreis. Hin und wieder ist auch mal ein Biologe, Mykologe, Pädagoge, Arzt, Vogelkundler, Sternengucker oder Landschaftsfotograf dabei. Viele alte Häuser finden neue Besitzer und werden liebevoll und nachhaltig saniert. Mit dieser Vielfalt wuchs auch die Kulturelle Landpartie, die inzwischen mehr als 60.000 Besucher anzieht und zu einer festen Einnahmequelle für beide Seiten geworden ist.

Während für die einen bei den Windpark-Plänen oft die Vorteile der Einnahmen durch Pacht und Akzeptanz-Abgaben im Vordergrund stehen, stellt sich ein Großteil der anderen die berechtigte Frage, ob das Flächenziel von 2,89 Prozent für den Landkreis (2,2 Prozent landesweit) nicht überzogen ist. Die besondere Besiedlungsdichte – über 300 Dörfer für circa 48.000 Einwohner –, die dichte Bewaldung, Schutzgebiete und Biosphären sind anscheinend kaum berücksichtigt.

Die Corona-Jahre haben Konflikte in unsere Gemeinden und Familien getragen, die noch immer nachwirken. Nachbarn und Freunde haben sich über Maßnahmen und Impfungen verkracht. Viele von uns gingen viel zu schnell „auf Zinne“, anstatt sich erst einmal zuzuhören. Beim Thema Windkraft sollte sich das nicht wiederholen. Denn es geht um uns alle, es geht um unsere Heimat, um unsere Lebensqualität und die Zukunft unserer Kinder.

Schon einmal haben sich im Wendland beide Seiten zusammengetan und dabei Großes bewirkt: die Castortransporte gestoppt und das Atommüll-Endlager verhindert. Wir können streiten. Aber lasst uns dabei einander zugewandt bleiben. So abgedroschen es vielleicht klingt – es bleibt die Wahrheit: Nur gemeinsam sind wir stark.

 

Leo Agthe
Middefeitz
 

Bearbeitet am: 19.04.2025/ad

Bezugsquelle der EJZ

zurück zur Homepage